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Die Macht der Kränkung

Hier im Forum wurde schon das eine oder andere Mal über gekränkte Menschen und ihre toxischen Auswirkungen auf andere Menschen diskutiert.
Gestern gab es im österreichischen Fernsehen den Auftakt zur Serie "Die Macht der Kränkung".
Reinhard Haller ist ein bekannter Psychiater, der auf viele Untersuchungsergebnisse von gekränkten Menschen (u.a. gibt es viele Erkenntnisse über Narzissmus) verweisen kann. Wen dieses Thema interessiert, dem empfehle ich, diese hervorragend inszenierte und gespielte sechsteilige Serie anzusehen.
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Kommentare

  • Das klingt tatsächlich interessant, danke für den Tipp @seelebilder

    Ich nehme an, die Sendung wird es in der Mediathek des ORF zum nachschauen geben?
    Und dann hätten wir hier einen Platz, uns über unsere Erkenntnisse auszutauschen.

    Ich bin gespannt.
  • Hallo @seelenbilder, hallo @enjoythesilence,

    erst mal großen Dank für den Hinweis.

    Da gibt es auch ein Buch von Reinhard Haller, wollte ich unbedingt lesen, bin ich total von abgekommen.

    Gibt von ihm auch noch ein Buch „Das Wunder der Wertschätzung“, das hab ich schon gelesen.

    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Menschen immer aus ihrer seelischen Verletzung heraus handeln.

    Hab gleich mal gegoogelt, die Serie findet man auch in der ZDF-Mediathek. Werd ich heute gleich mal reinschauen.



  • edited August 2021
    Hallo @enjoythesilence & @Nethi
    und Hallo an alle anderen Interessierten,

    wie Nethi dankenswerterweise schon erwähnt hat, findet man die Serie vermutlich schon bei mehreren Sendern, Stw. Mediatheken.
    Ich war sehr erfreut, wie gut die Kritiken - zumindest die, die ich schon gelesen habe - ausgefallen sind.
    Hier nur ein Beispiel:
    https://www.profil.at/gesellschaft/explosionsgefahr-in-der-orf-serie-die-macht-der-kraenkung/401486967

    Hintergründe, Entstehung:
    https://der.orf.at/unternehmen/aktuell/macht_der_kraenkung104.html

    Ich beschäftige mich schon sehr lange mit dem Kränkungs-Thema, da ich prägende Erfahrungen mit Narzissten gemacht habe. Hier stehen ganz häufig Kränkungen im Hintergrund, die bereits mit der Kindheit begonnen haben. Ich habe auch einen Narzissten erlebt, der sehr weit gegangen ist, um Menschen zu erniedrigen und zu quälen. Es ist unfassbar, wie diese Personen ticken - und dennoch: Sie sind voll zurechnungsfähig und oft sehr intelligent!!! Wurden sie zu Verbrechern, so konnte man ihnen manchmal lange nichts beweisen, z.B. die Verbrechen des Jack Unterweger.

    Sie ernähren sich quasi von der "Demut" ihrer Dienenden, die sie auch immer wieder demütigen - und dennoch durch ihre oft sehr weltmännische und charmante Art auch von sich abhängig machen. Es gibt übrigens auch Frauen, die so agieren, es dauert vermutlich bei diesen noch länger, sie zu durchschauen. Frauen können unglaublich geschickt taktieren und sehr gut verdecken.
    Für mich immer wieder besonders schockierend, wie gerade soziale Berufe von narzisstisch veranlagten Menschen unterwandert sind, z.B. Pädagogik, Pflege. Hierzu habe ich auch interessante Gespräche mit Fachleuten geführt.
  • Im Zusammenhang mit Menschen, die sich für ihre Kränkungen rächen wollen, fand und finde ich auch immer das Spektrum der Fantasie als sehr spannend und aufschlussreich.
    Hierin werden Gekränkte so dermaßen erfindungsreich, dass ihre Inszenierung der Rache scheinbar grenzenlos ist (Allmachtsfantasien) - auch hierfür ist Jack Unterweger ein lehrreiches Beispiel. Und auch dafür, wie er sich selbst inszeniert hat und dabei letztendlich auch eine große "Mannschaft" aus österreichischen KünstlerInnen und PolitikerInnen für sich und seine Interessen gewinnen konnte ...
    https://cml179.wixsite.com/seelenbilder/single-post/2020/03/12/fantasie-wenn-grenzen-nicht-mehr-gelten
  • Hallo seelenbilder,
    alle meine Überlegungen haben mich zu dem Ergebnis geführt, dass der Mensch an sich kein gutes Wesen ist.

    Wenn Du auf die Inszenierung des Jack Unterweger schaust, kann ich in meinem Umfeld bereits auf Verhaltensweisen deuten, mit denen Leute es in kleinerer Form schaffen, andere für sich zu gewinnen. Sei es hier mit Eloquenz, sei es mit Täuschung. Und ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig Menschen sich die Mühe machen und hinter die Kulissen schauen. Wahrscheinlich gar nicht schauen können.

    Um ehrlich zu sein, die Arie von der schlimmen Kindheit, mit der sich heutzutage alle herausreden wollen, geht mir nur noch auf den Sender.
  • Hallo Nethi,
    die Überlegungen zum Menschsein habe ich anlässlich eines Besuches eines riesigen Tiergartens auch wieder einmal in mir kreisen lassen. Kein Tier, das sich dermaßen verhält. Und dabei sieht sich der Mensch als Krone der Schöpfung ...

    Die Kindheit spielt, so sieht es auch ein breites Spektrum an Forschenden, eine große Rolle, das steht auch aus meinen Erfahrungen fest.
    Aber ich sehe genau darin auch die Herausforderung, aus diesem Dilemma nach Möglichkeit herauszuwachsen. Nicht allen gelingt es, jedoch gibt es Menschen, die sich nach Kräften bemühen - nicht zuletzt, um ein würdevolles und zufriedenes Leben zu führen. Kindheit als ewige Ausrede ist mir oft auch definitiv zu billig.

    Nicht jeder, der vernachlässigt, gedemütigt, gequält und misshandelt wurde, muss sich so entwickeln, dass er sich für seine Kränkungen rächt - jedoch ist es umgekehrt für mich keine Überraschung, wenn sich in Täterbiografien schreckliche Kindheiten zeigen. Sie können definitiv Auswirkungen haben, das sehe ich auch an Kindern und Jugendlichen (im beruflichen Zusammenhang), die in ihren Ländern von Kriegssituationen traumatisiert wurden.
    Manche zeigen - rein oberflächlich gesehen - keine negativen Folgen für die Umwelt, kämpfen aber durchaus mit vielen inneren Ängsten; andere wiederum haben das Bedürfnis, in den Kinder-Einrichtungen Krieg zu führen. Ich habe schon häufige und heftige Szenen erlebt - sie prägen meinen Zugang zur Macht der Kränkung ... Das Thema ist für mich sehr intensiv und es braucht eine intensive Zusammenarbeit mit sehr vielen ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen ... Dies ist mein täglich Brot!
  • edited September 2021
    @Nethi,
    zu Deiner Eingabe, dass es Leute gibt, die es immer wieder schaffen, andere durch Manipulationen und Gehabe für sich zu gewinnen - ich bin da auch stets aufs Neue erstaunt. Mir fällt auf, dass sich viele von ersten Eindrücken verleiten lassen.

    Das stelle ich auch wiederholt fest, wenn es z.B. um Teambildung geht. Kann man wirklich sagen, wie Leute ticken, wenn man sich einen Betrieb mal für ein paar Stunden anschaut? In meinem Betrieb spielt sich immer wieder, aber auch wirklich jedes Mal, das gleiche ab: Nach zwei, drei Stunden glauben die Leut', sie wüssten, wie der Hase läuft.
    Helle Begeisterung - und nichts und niemanden auch nur ansatzweise durchschaut! Wie denn auch? Das alles braucht Zeit, Intuition, Beobachtungsgabe und eine gewisse Art von Intelligenz. Naiv hinein ins Team-Gewühl, sofort das Privat- und Liebesleben ausbreiten, Quatschen bis zum Umfallen, Sprechdurchfall. Und sich dann wundern, wenn Gewitterwolken auftauchen - jedes Mal das gleiche Dilemma, ungute Stimmung, Getuschel - und nichts Störendes ansprechen. Nicht auszuhalten. Ich gehe grundsätzlich zum Arbeiten in meinen Betrieb - alles andere, das tief in privaten Gedanken wühlt, ist mir zuwider.
    Ich kann solche Prozesse in keinster Weise irgendwie nachvollziehen. Wenn man nur ein bisschen über längere Zeit zuhört, wie wer über wen spricht und vor allem, wie sowas abläuft, dann müsste da jeder sehr viel vorsichtiger agieren ...
  • Eva
    edited September 2021
    Ich habe die Serie "Die Macht der Kränkung" aufgenommen. Das Lesen von Kritiken und Rezensionen hebe ich mir noch auf, bis ich mir selber meine Gedanken gemacht habe.
    Gestern Abend habe ich die ersten eineinhalb Folgen der Serie angeschaut. Ungemein gut gespielt, dabei (für mich) an der Grenze des Erträglichen, was das ungehemmte Ausagieren des eigenen Schmerzes angeht. In der ersten Folge ist Georg die Hauptperson, ein superschöner Typ, der ein gutes Wesen hat, liebevoll, dabei streng mit sich selber, wenig Selbstwertgefühl, viel Ehrgefühl auf die männlich kräftige Art. Seine Partnerin Eva ist eigentlich ein Opfer, da sie bei einem Unfall erblindet ist. Sie kränkt ihn, indem sie ihm die Schuld gibt an ihrem Unglück. Sie wirft ihm vor, beruflich immer wieder zu versagen. Während er auf Arbeit ist, verbringt sie nach anfänglicher Einsamkeit vergnügliche Stunden mit ihrer Nachbarin.
    Es kommen daneben einige gemeine, dumme Leute vor: 4 Jugendliche und ein Kontrahent im Berufsleben, der Georg auf eine hinterhältig gemeine Art provoziert. Georgs ohnmächtige Wut ist so verständlich!
    Alle Figuren sind miteinander verbunden, das sehe ich schon jetzt. Zentrum ist eine Shopping-Mall, wo alle ein und ausgehen, arbeiten, flirten, sich verpflegen oder die Abfälle der Reicheren zu verwerten versuchen.
    Gibt es in dieser Serie EINEN empathischen Menschen, der sich nicht reinziehen lässt in den Strudel aus (Selbst-)Hass, Wut über Schwierigkeiten, Krankheit und Verwahrlosung nach Traumata?
    Die Serie könnte unsere Zeit darstellen als eine Zeit, in der jedeR durch Schuldzuweisungen an sein näheres Umfeld "sauber" dastehen resp. sich entschuldigt sehen möchte für sein völlig spontanes Tun, bei dem er auch katastrophale Folgen in Kauf nimmt. Denn jeder hat eine Entschuldigung, jeder hatte eine schlimme Kindheit oder eine Krankheit oder war sonstwie ein Opfer. Das Leben ist ungerecht, und diese Ungerechtigkeit reicht man weiter.
    Arbeitsplätze sind Feindesland, in den Wohnblocks sind die Wohnungen private Sperrgebiete, hier wird im Versteckten intrigiert, aber im öffentlichen Bereich, dort wo gearbeitet und eingekauft wird, herrscht die Faust des Stärkeren. Dies wird offen ausgelebt. Was es aber nicht etwa einfacher macht zu erkennen, wer Gut oder wer Böse ist. Denn alle sind beides zugleich. Das ist auch gar nicht das Kriterium, denn letztendlich geht es um Macht. Wir können uns schon lange nicht mehr für einen "guten" Mächtigen entscheiden und diesem die Macht vertrauensvoll in die Hände legen, und damit auch einen Teil der Verantwortung. Heute ist Macht immer eine Anmassung. Unsere Gesellschaft geht den Bach runter.

    Ich hatte eine schlaflose Nacht nach diesem Fernsehabend. Dennoch werde ich weiter schauen.

    Mir ist der Film "Die Welle" eingefallen, in einer anderen Zeit ebenso ein Spiegel der damals gegenwärtigen Gesellschaft. Es hat sich vieles verändert, es ging rasend schnell, es wurde alles noch schlimmer.
  • @Eva! Danke für Deine so tolle, vieles umfassende Rückmeldung! Du hast Essenzielles auf den Punkt gebracht und ich darf Dir rückmelden, dass mich mein TV-Abend auch bis jetzt beschäftigt. Heute war ich bei einer kleinen Bücherkiste und habe hier zufällig ein Buch entnommen, das sich auch mit Kränkungen und ihren Auswirkungen beschäftigt.

    Georgs Wut war für mich definitiv ebenfalls sehr nachvollziehbar - obwohl ich seiner Freundin auch zugestehe, dass sie sich erst an ihre dunkle Welt gewöhnen muss.
    Es wird auch deutlich, dass sie die Beziehung schon länger anzweifelt - eine Kränkung besteht gewiss auch darin, dass er hört, wie sie mit ihrer neuen Freundin über ihre Beziehung zu Georg spricht.

    Es wird gut gezeigt, dass letztendlich ein Opfer nicht nur Opfer, sondern eben (manchmal) auch Täter ist.

    Definitiv, Macht ist eine Anmaßung - es gibt so viele, die sich anmaßend verhalten. Und doch entdecke ich dahinter immer wieder auch Ohnmacht ... müsste man sonst anmaßend sein?

    Ich denke, es gibt so wenige Menschen, die ihr Leben als erfüllend erleben. Die Abwesenheit von einer Zufriedenheit macht was mit Menschen ...
  • @seelenbilder

    Deine Äußerung
    „Wenn man nur ein bisschen über längere Zeit zuhört, wie wer über wen spricht und vor allem, wie sowas abläuft, dann müsste da jeder sehr viel vorsichtiger agieren .“

    teile ich vollkommens.

    Und dann frage ich mich immer, merken diese Menschen denn nicht, welche Spiele sie spielen? Oder ist es denen sowas von egal? Oder ist die Aussage von gestern heute wieder vergessen?

    Ich gehöre zu der Fraktion, die eher reserviert ist um Umgang. Und die Leute, mit denen ich partout nichts am Hut habe, spüren dieses auch. Sind nicht viele, aber meine Antipathie kann ich dann nicht verbergen….

    Sowie

    „Ich denke, es gibt so wenige Menschen, die ihr Leben als erfüllend erleben. Die Abwesenheit von einer Zufriedenheit macht was mit Menschen ..“

    hat mich zum Nachdenken gebracht. Sind wir nicht selber für unsere eigene Zufriedenheit zuständig? Wie kann es denn sein, dass wir, die in einem der reichsten Länder der Welt leben, so eine Unzufriedenheit an den Tag legen?

    Natürlich ist es so, dass es einige Randbedingungen gibt, die man nicht ändern kann. Und das in einigen Bereichen wir eben gelebt werden. Aber kann ich es nicht schaffen, den Rest so zu gestalten, dass ich ein schönes Leben habe? Warum gelingt es nicht?

    Wenn ich die allgemeine Unzufriedenheit und Rücksichtslosigkeit sehe, dann frage ich mich, ist nicht jeder einzelne dafür zuständig, für ein vernünftiges Miteinander zu sorgen?
    Wenn jeder einen Schritt auf den anderen zugehen würde und auch mal Rückschläge einstecken könnte, würde es doch gelingen.
    Hier nun schließt sich aber der Kreis, denn dann würde man die Macht über den anderen verlieren.





  • Danke für den Hinweis auf die Sendung. Ich will mir auch mal die Zeit nehmen sie in der Mediathek anzusehen.
    Ich hoffe dass die Serie auch Hinweise gibt wie man mit aufrichtigem Bemühen zu jemandem vordringt der sich gekränkt fühlte und diese Bemühungen gar nicht wahrnimmt oder falsch interpretiert.
    Wäre es nicht schön wenn man einem solchen Menschen auch ein Stück Halt geben kann für dessen eigenes Leben ?

    Wenn sich gekränkte Menschen zurückziehen ist es schwer ihre Wünsche, Sorgen und Stärken kennenzulernen. Ich denke dass diese Menschen Zuspruch brauchen um sich der Welt wieder zu öffnen. Zugleich könnte es auch sein dass sie sich nicht so sehen wollen dass ihnen jemand aktiv Mitgefühl und Verständnis entgegenbringen möchte. Vielleicht möchten sie unbedingt auf sich allein gestellt die Situation überwinden, dabei kann ihr Auftrieb und ihre Entwicklung auch die umgebenden Mitmenschen beflügeln.

    Indem sie echtes Interesse und unaufdringliche Zuwendung immer wieder zurückweisen torpedieren sie ihre eigene innere Freiheit. Ein echter Freund akzeptiert Freiräume und Wünsche und gibt sich Mühe nicht versehentlich etwas falsches zu sagen. (Vielleicht wirkt deshalb zuhören so beruhigender als antworten)

    Neue Menschen die beistehen wollen bemühen sich vielleicht nur vage oder ihr Engagement löst neue Vorwürfe aus.
    Vermutlich war eine Kränkung nie beabsichtigt und jedes weitere Bemühen des scheinbar Kränkenden wird aus der Sicht und Verinnerlichung früherer Kränkungen völlig gegensätzlich gedeutet.

    Der Zurückgezogene müsste immer wieder bemerken können dass er willkommen ist trotz eventueller für die Masse der lauteren Menschen unverständlichen Eigenheiten. Man müsste dieses Angenommensein vermitteln können ohne den Anderen einzuschränken.

    Darin klingt auch ein wenig der immer wieder in sozialen Medien zitierte Wunsch mit die Menschen nicht verändern zu wollen, sie sein zu lassen wie sie sind.
    Zugleich befürwortet man ihre selbst gesuchte Weiterentwicklung und möchte auch Freude über gelungene Etappen teilen.
    Natürlich kann nur der Betroffene selbst für sich prüfen welche Vorschläge und hilfreichen Gedanken ihn weiterbringen. Auch nur er kann den Zeitpunkt und die Geschwindigkeit gewünschter Schritte zur Selbsthilfe beurteilen.

    Vielleicht bedarf es einer fundierten Ausbildung um einem Menschen mit seelischen Verletzungen wirksam im Rahmen dessen eigener Wünsche unterstützen zu können und ihn in seinen Nuancen von Eigenschaften und Potentialen wahrzunehmen. Doch mit ehrlicher Zuwendung könnte man einer von wenigen Menschen sein die wirklich stärken und Zuversicht geben können.

    Dies ist sicher nicht immer leicht, kann aber inneres Bedürfnis sein solange man sich dabei nicht selbst aufgeben muss.

    Wenn man bereit ist das Bemühen der anderen Seite zu erkennen dann macht man es sich gegenseitig leicht und toleriert auch unvollkommene Begegnungen bei den Schritten aufeinander zu. Sollte man sich zuvor eine Zeit lang aus dem Wege gegangen sein wären deutliche Zeichen nötig willkommen zu sein, weil beide Seiten die Situation nicht erneut anheizen wollen.

    Wenn ein mitfühlender und um Verständnis bemühter Mensch immer wieder versucht auf den ehemals Gekränkten zuzugehen dann sollten auf beiden Seiten Einsichten entstanden sein die ein tolerantes und einander stärkendes Miteinander möglich machen.
    Vielleicht gehört es zu den wichtigsten Schritten dass der ehemals Gekränkte erkennen kann wer ihm wirklich entgegenkommen will.

    Ich merke ich schweife vom Thema ab. Jede Situation ist anders und wird unterschiedlich wahrgenommen.

    Stärkt einander
  • edited September 2021
    Guten Morgen @Nethi,

    Dein letzter Beitrag hat mich gedanklich noch tiefer vordringen lassen zum Thema unserer vermeintlichen Freiheit, um uns selbst in einen ausgeglichenen Seinszustand der Zufriedenheit bringen zu können.
    Tatsächlich denke ich, dass wir nicht einigen Beschränkungen unterliegen, sondern sehr vielen. Es sind meines Erachtens ziemlich viele Randbedingungen, die uns immer wieder kräftig einschränken und gerade uns, in den reichsten Ländern der Welt, sooft gegen Wände laufen lassen. Um nämlich bei so einem allgemeinen Wohlstand, wie er in D und Ö erlebt wird, zu landen, "müssen" viele Menschen schuften, ihre Steuern abliefern, ihre Familienzeit stark einschränken, usw. Sie erleben ihre Zeit für sich selbst als unzureichend, müssen sich vielen Regeln beugen, die das Arbeitsleben verlangt (und die nicht immer gerecht anmuten!), die Menschen riskieren ihre psychische und körperliche Gesundheit und erleben möglicherweise auch noch, was Bossing und Mobbing bedeuten können. Hier habe ich erst mal unsere gegenwärtige Arbeitswelt beleuchtet - und das auch nur in groben Zügen. Doch all das Erwähnte kann meines Erachtens sehr wohl dazu beitragen, sich zu fragen, warum all dieser Wohlstand, den wir in Deutschland oder auch Österreich immer wieder eingeimpft bekommen, nicht bei den einzelnen Bürgern landet, sondern nur bei bestimmten Menschen - und es ist definitiv nicht die Mehrheit, die Wohlstand erlebt!
    Wie viele Menschen werden auf Arbeitsämtern entmenschlicht, wie vielen davon werden Bedingungen in der Arbeitswelt zugemutet, die einfach nicht zufrieden machen können? - geringe Löhne, Arbeitsdruck, Pendlerzeiten, die eine Zumutung sind, usw.

    Weiter geht es mit unserer gesellschaftlichen oder familiären Lebenswelt. Sind wir hier in der Lage, uns selbst zu leben oder werden wir vielfach nicht auch durch Konditionierung, Erziehung, Erwartungen, usw. gelebt? Wie viele Menschen fühlen sich leer und ausgebrannt, weil sie zu viele Erwartungen spüren, die sie möglicherweise sogar erfüllen wollen, um sich geliebt zu fühlen? Ich sehe ganz viele Einschränkungen, von denen wir uns erst mal befreien müssten, um wirklich das zu leben, was wir sind und sein wollen.
    In all dem Genannten erfahren wir soviel eigene Ohnmacht, weil wir doch tatsächlich rundherum so vielen Erwartungen ausgesetzt sind.

    Unzufriedenheit und Rücksichtslosigkeit erschaffen sich genau dort ihren ungnädigen Raum, wo Menschen einander konkurrenzieren, anstatt miteinander zu kooperieren.
    Aber lässt dies unsere Lebenswelt wahrlich so einfach zu, dieses Miteinander? Ich möchte es auch so gerne leben und ich versuche es in meinem Leben nach Kräften, doch zu einer vollen Wirkungskraft gehört es, dass sich zumindest eine Mehrheit der Menschen dazu entscheidet und auch dementsprechende Handlungen setzt.
    Ich möchte mir allerdings nicht selbst Sand in die Augen streuen - ich werde diese große, wirkungsvolle Kooperation unter Menschen wohl nicht mehr erleben ... Davon sind wir wohl noch viele Katastrophen entfernt ...

    Ich glaube, dass es gerade für Menschen in besonders reichen Ländern oft gar nicht einfach ist, sich selbst zu erleben und wahrhaft in innerem und äußerem Frieden zu sein.
    Und ich plädiere hier nicht für "Armut", denn es hat mich schon immer irritiert, das "Glück" jener zu zeigen, die z.B. in Afrika oder Asien vegetieren und maximal von der Hand in den Mund leben ...

    Guten Morgen @Nightworker,

    wenn Du in der Miniserie Tipps erwartest, wie mit Gekränkten umgegangen werden kann, dann muss ich Dich definitiv enttäuschen. Jedoch sieht man unzählige Situationen, wie Menschen etwas "gut meinen", aber exakt das Falsche tun.
    Im Falle des bereits erwähnten Georg beispielsweise, der seine Freundin Eva geradezu wie ein Süchtiger liebt und ihr auf seine fatale Art und Weise helfen will, führt dies zum Freiheitsentzug, der letztendlich einfach nur egoistisch ist. Er will sie in ihrer dunklen Welt belassen und verhindern, dass sie beruflich wieder einen Versuch starten kann. Um dies zu verhindern, nimmt er der blinden Frau die Schlüssel weg und sperrt sie ein. Das ist keine Hilfe, sondern ein brutaler Zugriff auf ihre Freiheit! Mit den Folgen seiner Tat kommt er dann natürlich auch nicht zurecht, zu tief ist er schon in einen Kreislauf aus Opfer- und Tätersein eingetaucht.

    In dieser Serie werden Hintergründe beleuchtet, die zu Kränkungen führen können - und es sind ganz gewiss nicht einzelne Situationen, welche den einzelnen Figuren widerfahren, sondern es bauen sich die Kränkungen nach und nach auf, bis zur schieren Unerträglichkeit.
    So, wie es im realen Leben leider auch stattfindet - und wir uns oft nicht die Mühe machen, hinter die oft nur mühsam aufrechterhaltenen Fassaden unserer Mitmenschen zu blicken. Erst dann könnten wir vielleicht dazu übergehen, echtes Verständnis aufzubauen.
    Natürlich wird nicht jeder Gekränkte zum Attentäter; aber immerhin sind es viel zu viele, die soviel Leid über andere Menschen bringen. Sie haben für sich leider keinen anderen Kanal gefunden, ihre unbändige Wut und ihren abgrundtiefen Hass aus ihrer Seele abfließen zu lassen.
    Einem exzessiv gekränkten Menschen können wir als Freunde wohl nur unzureichend helfen, solche Menschen brauchen speziell ausgebildete Fachleute - und die Gekränkten müssen ihre eigene Situation auch selbst erkennen, um sich Hilfe zu suchen. Denn zutiefst Gekränkte können tatsächlich kranke Menschen werden.
    Es ist ein sehr schwieriges und verantwortungsvolles Handeln, denn bei einem zutiefst Gekränkten kommen wohlgemeinte Handlungen oft völlig falsch an - hier ist mit viel Fingerspitzengefühl zu arbeiten.
  • Hallo @Seelenbilder ,

    Danke für Deine Anmerkungen.
    Eigentlich wünscht man sich Filme und Bücher in denen auch Lösungswege angedeutet werden. Ich habe gerade in die Serie reingeschaut.

    Meine Gedanken gingen völlig am Thema vorbei. Ich hätte nicht voreilig etwas schreiben sollen.

    Was den Umgang zu Mitmenschen betrifft, wir können vielleicht nur versuchen es uns gegenseitig nicht unnötig schwer zu machen und ausreichend Toleranz zu bewahren. Wenn es erträglicher wird kann jeder auch leichter für sein eigenes Gleichgewicht sorgen.
  • Hallo @Nightworker,
    in der Serie werden zweifelsohne zugespitzte Situationen gezeigt, weil sie durch Untersuchungen von Reinhard Haller inspiriert ist. Es kommt letztendlich zu einer Eskalationssituation, die durch freundschaftliche Zuwendung wohl nicht mehr verhindert hätte werden können.

    Ich persönlich habe nicht den Anspruch, dass es immer Lösungen in Filmen gibt. Aber ich wünsche mir bei dieser Art von Filmen im Nachhinein Diskussionsrunden oder fachlich aufbereitete Beiträge, was der ORF heute im Anschluss an Folge 5 + 6 auch liefern wird.

    Ich empfinde es so, dass hier div. Lösungsversuche und Hilfsangebote von Personen aus dem Umfeld skizziert wurden, aber sie gingen immer an den wahren Bedürfnissen der jeweiligen Menschen vorbei. Das kennt man vielleicht auch aus dem eigenen Leben, das man mit seinen Versuchen scheitert, wenn man helfen will - oder dass man sich selbst genervt fühlt, weil der, der helfen will, einfach zu diesem Zeitpunkt mit seinen Ideen nicht gefragt ist.
    Ich halte es für äußerst schwierig, dermaßen zutiefst gekränkte Menschen, die potentielle TäterInnen sind, mit "freundschaftlichen" Mitteln noch erreichen zu können. Wenn einmal jemand in Erwägung zieht, zu einer Waffe zu greifen - und wenn das Küchenmesser zur Waffe wird -, dann ist diese Person bereits auf einer Ebene, die wir als Freunde nicht mehr betreten können. Da begibt man sich mitunter sogar selbst in Gefahr. Deswegen ist es auch so schwierig, in so weit fortgeschrittenen Situationen noch Deeskalation auf freundschaftlicher Ebene zu betreiben.

    Ich habe das auch immer wieder bemerken müssen, als ich einst mit einer hochgradig narzisstisch gestörten Person zu tun hatte. Ich dachte immer, mein Verständnis und meine Zuwendung könnten heilsam sein. Dem war ganz und gar nicht so, weshalb ich zu tun hatte, dass ich das Weite suchte ...
  • edited September 2021
    Die Diskussion im Anschluss auf den 6. Teil der Serie war definitiv interessant.
    Natürlich war Reinhard Haller zu Gast in der Runde, wie auch die Trauma-Therapeutin Barbara Haid, die sehr intensiv mit Menschen arbeitet, die Essstörungen haben; die Frauenhäuser waren vertreten durch Andrea Brem, der vierte Diskussionsteilnehmer war Alexander Haydn, der in der Männerberatung tätig ist.
    Ich konnte mit der Diskussion sehr viel anfangen, mit zwei kleinen Einschränkungen:
    * Herr Haller gab zu bedenken, dass Frauen nicht nur Opfer sind, sondern auch tat.sächlich Täterinnen sein können (was bei der Mitarbeiterin der Frauenhäuser nicht sonderlich gut ankam, aber trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Frauen machen auf andere Weise Druck als Männer, sie provozieren anders und es gibt definitiv auch Frauen, die handgreiflich werden oder auch töten).
    * Es ging auch darum, wie man stärker werden kann, damit Kränkungen nicht so tief gehen. Reinhard Haller sprach davon, dass man als Erwachsener über "die richtige Dicke der Haut" verfügen solle. Er erwähnte "Überempfindliche", die dadurch krankheitsgefährdet seien (er bezog sich definitiv auf Menschen, die "hypersensibel" seien, also unter "Hochsensibilität leiden" würden) und er sprach von solchen, die sich eine eventuell bereits etwas zu dicke Haut zugezogen hätten, dies führe zu "Gemütsarmut" und "Gefühllosigkeit".
    Dass Hochsensible von ihm als krank definiert wurden, hat mich doch sehr verwundert. Hiermit dürfte sich Herr Haller, den ich als forensischen Psychiater sehr glaubwürdig finde, zu wenig beschäftigt haben. Diese Aussage fand ich definitiv nicht korrekt.

    Wenn ein guter Umgang mit Kränkung gelinge, dann könne der Mensch Souveränität gewinnen, so Haller weiter.
    Handwerkszeug sei u.a., auf Distanz zu gehen und dadurch Handlungshoheit zu gewinnen.
    Kränkungen gehen in der Regel dann besonders tief, wenn sie von einem Menschen, der für eine Person wichtig ist, ausgehen, Stw. Partnerschaft, Familie.
    Nicht wertgeschätzt zu werden, ist wohl als häufigste Kränkung festzuhalten - Familie, Beruf.
    Viele "Kleinigkeiten" können als Summe zu katastrophalen Entwicklungen führen, damit stimme ich auch aus eigenen Beobachtungen überein.
    Und was für den einen eine "Kleinigkeit" ist, kann für den anderen riesig sein.
    Und auch immer wieder auffällig: Vor allem Männer scheuen davor zurück, über Kränkungen zu sprechen.

    (***ACHTUNG*** nur 6 Tage ab heute einsehbar!)
    https://tvthek.orf.at/profile/Thema/11523190/Thema-Spezial-Die-Macht-der-Kraenkung-der-Talk/14104741
  • Hallo seelenbilder,
    danke für den Link. Die Sendung war hochinteressant für mich.

    Allerdings möchte ich Dir in einem Punkt widersprechen. Reinhard Haller wird definitiv nicht gemeint haben, dass hochsensible Menschen krank sind. Hier - denke ich - handelt es sich um einen Kommunikationsfehler. Er hat gemeint, dass die Menschen, weil sie eine dünne Haut, darüber krank werden.

    In einem anderen Vortrag hat er erklärt, warum die Hochsensibilität heutzutage so sehr zugenommen hat.

    Er hat mit so vielen Menschen gearbeitet, er weiß genau, wovon er spricht.

    Man möge ihm auch einfach mal Wortfehler verzeihen….
  • edited September 2021
    Hallo Nethi, danke für Deine Rückmeldung.

    Ich habe mir die Stelle noch einmal angehört, er hat es leider missverständlich in die Runde gegeben, sein Statement zur Dünnhäutigkeit.

    Ich schätze ihn sehr hoch in seiner Fachlichkeit ein - und kann natürlich auch zugestehen, dass er sich das eine oder andere Mal ungünstig ausdrückt. Mir ist es halt aufgefallen, weil ich leider auch mit Fachleuten zu tun habe, die sich ähnlich zu diesem Thema ausdrücken und in der Folge leider auch bei Kindern bemängeln, dass ihnen diese Kinder "zu dünnhäutig", "zu sensibel", "zu weinerlich", "zu mauerblümchenmäßig" etc. sind. Ich höre da schon sehr genau hin, weil hinter all diesen "zu"-Meldungen leider auch Abwertungen stecken.
    Da hochsensible Menschen immer wieder als "leidend" dargestellt werden, möchte ich noch dahingehend meine Meinung kundtun, als die Menschen wohl am meisten darunter leiden, wie man mit ihnen umgeht.

    Warum Hochsensibilität zunimmt, dazu gibt es mehere Zugänge. Es gibt medizinische wie auch ganzheitliche Erklärungen dazu und innerhalb dieser Zugänge gibt es noch weitere Vermutungen, Erkenntnisse, Forschungsergebnisse, etc.

    Dieses Thema beschäftigt mich sehr, weil hier auch so große Chancen für unsere Gesellschaft liegen. Man müsste dies aber erkennen - und dazu bedarf es eines Hintergrundwissens und eines wertschätzenden Umgangs mit diesen Menschen, egal, wie alt oder jung diese sind ...
  • Hallo seelenbilder, das Thema Hochsensibilität ist auch mein Thema. Ich bin schon mein ganzes Leben übersensibel gewesen. Meine Mutter ist genauso, daher weiß ich, wo ich es herhab.

    Ich befasse mich viel mit phsychologischem Zeug, weil ich einfach ergründen will, wo es herkommt. Und versuche eben mit einigen Werkzeugen, damit besser umgehen zu können.
    Gerade solche Ratschläge wie: Schaff Dir doch ein dickeres Fell an. Damit kann ich gar nix anfangen, da ich nicht weiß, wie das geht.

    Für mich ist es ganz klar, dass es was mit den Genen zu tun haben muss. Jeder Mensch ist nunmal so wie er ist. Der eine kann Dinge besser wegstecken, der andere eben nicht. Und die derzeitige Entwicklung tut ihr übriges und spielt auch eine große Rolle.

    Was mich in der letzten Zeit auch ziemlich beschäftigt, ist die Frage, was daran dran ist, dass wir jetzt die psychischen Schäden des Krieges austragen. Wahrscheinlich hat man früher vieles verdrängt, da es um das Überleben ging. Und heute kommt alles an die Oberfläche. Dinge, die nicht ewig im Verborgenen bleiben.
    Allerdings bin ich hier noch nicht tiefer in die Materie eingestiegen.

    Was mir leider immer wieder auffällt, ist, dass sich der Umgang untereinander sehr verschlechtert hat. Ich höre viele abfällige Bemerkungen über alles und jedes. Das ist etwas, was mich sehr mitnimmt, kann es an manchen Tagen weniger aushalten.

    Diese ganzen Abwertungen, die überall so massiv stattfinden, sei es Funk und Fernsehen, Internet oder untereinander. Ich vermisse auch mal gute Worte, Verständnis für den anderen.

    Die Frage, die ich mir stelle, ist: Werden wir das Ruder nochmal rumreißen können oder ist die Menschheit zum Untergang verdammt?
    Ich weiß, das klingt jetzt sehr pathetisch, aber ich bin ratlos!
    Ich will auch nicht sagen, das früher alles besser war. Denn das war es ja nicht. Aber diese Zeit, die wir gerade erleben, ist doch ziemlich anstrengend.

    Ich habe neulich einen interessanten Beitrag eines Neurowissenschaftlers gehört. Er sagte, dass wir uns gerade in einer Welle des Umbruchs befinden. Die erste Welle fand statt, als der Ackerbau, die Agrarwirtschaft aufblühte. Die zweite Welle war der Beginn der Industrialisierung und die jetzige Welle ist das Zeitalter der Digitalisierung. Und im Unterschied zu den ersten beiden Umbrüchen überrollt uns die Digitalisierung gerade. Etwas, dem wir nicht hinterherkommen, weil alles so schnell geworden ist.

    Hhhhmmm, es gibt soviele spannende Thesen, die es zu lernen gibt.
  • edited September 2021
    Liebe Nethi,
    ich möchte Dir danken für Deine Rückmeldung, besonders zum Thema der Hochsensibilität.

    Die Aufforderungen, mir ein dickeres Fell zuzulegen, kenne ich auch. Wer so einen Unsinn von sich gibt, den muss ich ignorieren. Der stammt nämlich von Leuten, deren Fell schon längst viel zu dick ist. Mit einem dicken Fell kann man nicht mehr empathisch sein.

    Ich persönlich fühle mich nicht krank und ich empfinde mich auch nicht als "hypersensibel", ich bin auch nicht "übersensibel". Diese Worte lösen Widerstand in mir aus, weil sie in meiner (beruflichen) Umgebung immer abwertend verwendet werden. Ich bin hochsensibel und Punkt. Ich bin auch nicht "zuviel" - ich bin nicht zu empfindlich, aber ich bin empfindsam. Das ist ein gehöriger Unterschied. Empfindsam zu sein ist eine Qualität und keine Krankheit.

    Wer genau hinhört, der hört auch Abwertungen aus medizinischer Richtung - und da muss man erst gar nichts reininterpretieren; übrigens ein Vorwurf, der auch häufiger an Hochsensible gerichtet wird: "Du siehst Gespenster, wo keine sind." "Du hörst Dinge, die nicht gesagt wurden." Das Thema ist, ich nehme Schwingungen eindeutiger und intensiver wahr - lange, bevor es andere merken. Und wenn sie es merken, sind sie total verblüfft, dass es jemand schon vor ihnen gemerkt hat. "Wieso hast du das schon so bald gewusst?"

    Es wird von Hochsensiblen gerne als solchen gesprochen, die "unter Hochsensibilität leiden".
    Ich leide nicht unter meiner Gabe, sondern darunter, wie Menschen miteinander umgehen.

    Ich empfinde mich als einen Menschen, der Reize deutlicher oder vermehrt wahrnimmt, sicherlich "Positives" wie "Negatives".
    Beispiel: Musik geht mir deutlicher unter die Haut als meinem Partner, der hier weniger sensibel reagiert. Für ihn ist Musik gut oder schlecht - mich lässt sie tief in die Welt der Gefühle eintauchen. Ich finde das wunderschön und bin dankbar für dieses Erfassen.
    Andererseits: Ich bin vermutlich sehr viel mehr beschäftigt als mir manchmal gut tut, wenn ich merke, was um uns herum passiert - nicht nur aufgrund der Pandemie, sondern auch aufgrund der vielen Katastrophen, meist vom Menschen selbst kreiert. Hier spüre ich den Schmerz tiefer.

    Ich fühle mich betroffen, wenn Menschen aus einem Konkurrenzgehabe heraus andere immer wieder be- und abwerten und es anscheinend verlernt haben, im DU auch jemand Gleichwertigen zu sehen, dem man auf Augenhöhe begegnet.

    Schon die Industrialisierung hat Menschenseelen umschlungen, vielen sind die Entwicklungen schon "damals" zu schnell gegangen. Doch gab es nicht die heutigen Erkenntnisse, dass der Mensch Zeit braucht, um sich an Technik zu gewöhnen.
    Das jetzige Zeitalter überfordert uns massivst - und dazu gibt es auch eine schöne Geschichte, die ich bei Paolo Coelho gefunden habe:

    Von der Hektik und der langsamen Seele

    Ein weißer Afrikaforscher konnte es nicht erwarten, endlich ins Landesinnere vorzustoßen.
    Um früher an sein Ziel zu gelangen, zahlte er seinen Trägern ein zusätzliches Gehalt, damit sie schneller gingen, und über mehrere Tage lang legten die Träger ein schnelleres Tempo vor.
    Eines Abends jedoch setzten sich alle auf den Boden, legten ihre Bündel ab und weigerten sich, weiter zu gehen. Soviel Geld er ihnen auch anbot, die Träger rührten sich nicht von der Stelle.
    Als der Forscher sie schließlich nach dem Grund ihres Verhaltens fragte, erhielt er folgende Antwort:
    „Wir sind so schnell gegangen, dass wir nicht mehr recht wissen, was wir tun. Darum warten wir, bis unsere Seele uns eingeholt hat.“

    (Paulo Coelho, „Unterwegs – Der Wanderer“, Diogenes Verlag)

  • Du sprichst mir aus der Seele.
    Wundervoll auf den Punkt gebracht, dieses Dilemma mit der Gabe unserer Hochsensibilität und der Schnelllebigkeit unserer Zeit @seelenbilder
  • Hallo seelenbilder,
    ach, Du hast so recht! Es ist, als hättest Du mich beschrieben….

    Letztendlich bin ich auch froh, so zu sein, wie ich bin, denn es ist ja ein Gewinn, so zu sein.

    Allerdings ist es manchmal für mich auch sehr anstrengend. Und zwar dann, wenn mein Nervenkostüm total überreizt ist. Dann, wenn mir Dinge so nahe gehen, dass ich die Gefühle anderer Leute spüre, wenn schlimme Dinge passieren.

    Dann, wenn mein Nervensystem so überreizt ist, dass ich explodieren könnte und wenn meine Gedanken überhand nehmen.

    Oder wenn sich die Stimmungen anderer auf mich übertragen. Wenn andere nervös und überdreht sind.
    Und wenn ich meinen Filter nicht ausschalten kann, der schon vieles abschirmt.

    Wie oben geschrieben, habe ich mir schon einige Werkzeuge zugelegt, die ich anwende. Die auch gut funktionieren, an schlechten Tagen aber nimmt mein überreizter Körper die Überhand.

    Aber ich glaube, unsere Gesellschaft ist allgemein überreizt. Das trägt nicht zum guten Umgang miteinander bei.

    Somit meide ich soweit möglich Orte, an denen sich zuviele Menschen aufhalten. Und die Natur ist mir am liebsten, wenn ich keine schnatternden Menschen in meiner Nähe habe :-)
  • @enjoythesilence - Danke!

    @Nethi,
    wenn ich merke, dass mir das, was ich *wahr*nehmen kann (bishin zu schweren bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen anderer Menschen) zu intensiv ist, dann bitte ich meine geistige Kraft darum, mir meine Eindrücke erträglicher zu machen.
    Dies ist natürlich nun eine Glaubensfrage, aber ich glaube, dass es etwas gibt, das uns schützt. Und wenn es nur die Glaubenskraft ist, die mich davon überzeugt, dass ich Unterstützung erfahre. Ich bekomme sie ...

    Die Erfahrung, dass ein überreizter Körper die Regie übernimmt, mache ich auch immer wieder, gerade die letzten Monate waren für mich besonders intensiv. Ich löse mich gerade von Verpflichtungen gegenüber meinem Elternhaus, die ich dorthin abgebe, wo sie auch in Eigenverantwortung wahrgenommen werden dürfen.

    Laute Menschen sind mir unerträglich. Ich suche die Stille - und ich finde sie auch.
    Mal in der Natur, oder mit der Nase in Büchern. Oder, oder ...
  • "Mögest du dir die Zeit nehmen,
    die stillen Wunder zu feiern,
    die in der lauten Welt keine Bewunderer haben." (Irischer Segenswunsch)
  • Nicht nur bei diesem Film, sondern seit Jahrzehnten bei allen möglichen Filmen und (etwas weniger, aber auch) Romanen verzweifle ich als Zuschauerin fast, ich frage mich alle paar Minuten: WARUM sprecht ihr nicht miteinander???

    Die Diskussion zur Serie hat eine bleibende Erinnerung/Erkenntnis in mir hinterlassen: dass das Sprichwort umgedreht werden muss, nicht Schweigen ist Gold, sondern Reden!

    Gekränkte Menschen verweigern das Gespräch. Es wird der eigenen Interpretation (einer Aussage, einer Entscheidung) Glauben geschenkt und diese Interpretation bleibt stehen, oft für immer, egal wie abwegig diese Interpretation den anderen Beteiligten erscheinen mag, egal wie sehr sich diese entschuldigen und erklären wollen: sie ist sakrosankt und unstrittig und undiskutabel.

    Damit wird vom Gekränkten die Regel gestellt: "Es gibt keine Missverständnisse! ICH ALLEINE VERSTEHE!" Und die Kränkung wuchert weiter, in irgendeine zufällige Richtung, da ist man nicht so wählerisch, Hauptsache man kann sich abreagieren.

    Gekränkte Menschen wollen nicht auf den Grund schauen, sie schauen dem von ihnen mit verursachten Sturm zu, den hohen Wellen, wie sie schäumen, wie sie toben, wie sie eine Orientierung unmöglich machen, wie sie in den Mund schwappen und ihnen Angst machen, zu ertrinken. Tauchen würde helfen, auf den Grund zu schauen. Man kann Luft holen zwischendurch. Oder still werden, die Oberfläche sich beruhigen lassen und dann hinabschauen. Dieses kann man alleine tun, oder mithilfe einer Fachperson in einer Psychotherapie.

    Als Mitmensch, der gerne in einer Gemeinschaft leben möchte, in Frieden, Respekt und Güte, finde ich aber: Miteinander sprechen ist so wichtig!




  • Oh, gerade zum Thema Interpretation habe ich neulich was Wunderbares gelesen:

    „Wir wissen nicht, was andere Menschen denken oder fühlen.
    Wir interpretieren ihr Verhalten und sind dann wegen unserer eigenen Gedanken beleidigt.“

    Ich fand das so gut und denke jetzt immer daran, wenn ich wieder anfange, irgendwo etwas hineinzuinterpretieren.
  • Danke an Dich, liebe Eva!
    Du hast die nicht vorhandene Gesprächsbereitschaft von Gekränkten - und das Ticken dieser Personen, die sich ewig verweigern - sehr plastisch und nachvollziehbar auf den Punkt gebracht.

    Leider ja, die Umwelt ist voll von solchen Leuten und ja, wie es auch in der TV-Diskussion erwähnt wurde: Reden ist Gold!
    Diese eigenen Interpretationen von Aussagen und Entscheidungen oder auch davon, wie ein DU empfunden wird, die immer richtig sind und dieses Pochen auf dem Rechthaben, ist nicht zu ertragen. Gekränkte Menschen erlebe ich immer wieder als störend und zerstörend - sie wirken in Team-Verbänden oder in Familien als Sprengstoff ... und eine gemeinsame Existenz, ein Bestehenkönnen auf Augenhöhe ist mit ihnen nicht möglich.
    Da hilft auch kein Therapeut mehr, denn man müsste ja therapiewillig und einsichtsfähig sein ...

    Danke auch an Dich, liebe Nethi, das Zitat ist genial.
  • Hallo. ich habe diese Serie auch gesehn und erst gestern wieder dran gedacht. Wir haben gerade einen Schüler (arbeite in der ambulanten Pflege), der überall anstößt Ich denke er ist sehr unsicher und es ist auch nicht sein Traumberuf, Sprachbarriere ist auch ein Thema.
    Er macht vermutlich diese Ausbildung weil er so in Deutschland bleiben kann. Es ist wirklich nicht einfach mit ihm und ich glaube, er fühlt sich sehr oft gekränkt. Manche Patienten sind auch unmöglich. Sprechen ihn einfach mit Du an und reden mit ihm wie mit einem Kind. Er macht es einem auch nicht leicht, ist unpünktlich etc.
    Was wird aus ihm werden?
  • Hallo Minion!
    Ich gewinne immer wieder den Eindruck, dass es nicht nur für KollegInnen sehr unangenehm ist, wenn jemand (scheinbar / offensichtlich) unmotiviert in seinem Job ist, sondern dass es auch für den, der einfach nicht passt, nicht angenehm ist. Gerade in sozialen Bereichen muss die Motivation stimmen.
    In so einem wie von Dir geschilderten Fall muss wohl unbedingt das offene Gespräch gesucht werden, wie es weitergehen soll und ob es überhaupt weitergehen soll.
  • Immer noch wünsche und suche ich nach einer Lösung jemandem zu helfen eine Kränkung durch mich zu überwinden. Es hat mich seitdem in eine sehr tiefe Krise gestürzt die nur deshalb phasenweise erträglich war weil ich zusätzlich zu eigenen Einsichten glaubte passiv überzeugen zu können und sie für beide Seiten aufzulösen. Denn es wäre keine Entlastung wenn der Andere darunter leidet. Ich kann nicht wirklich darüber sprechen. Es belastet 2 Seiten völlig unnötigerweise, doch noch gibt es weder Gespäche noch gemeinsames stillschweigendes hinter sich lassen mit vorsichtigen Schritten aufeinander zu.
    Manchmal projiziere ich diese Situationen auf gelesene Schilderungen Fremder. Es tut mir leid wenn ich dadurch manchmal etwas unverständlich reagiere. Ich ersehne seit Jahren eine Lösung. Ich denke dass eine aufgelöste Kränkung auch für die Gegenseite eine ermutigende Entlastung wäre.
    Vielleicht kennt jemand hilfreiche Schritte mit sehr sensiblen Menschen doch wieder ins Gespräch zu kommen. Jedoch bitte keine respektlose Bemerkung zu dem anderen Menschen !

    Wenn eine Seite mit Respekt vor den Wünschen des Anderen auf die andere Seite zugehen möchte und sich Sichtweisen annähern könnten kann das auch dem Anderen Aufschwung geben, dann ist da wirklich eine echte Chance.
    Es wäre auch ok wenn der Andere nicht darüber sprechen möchte.

    Sicher muss man bereit sein auch ganz unangenehme Standpunkte der anderen Seite anerzukennen und erfahren zu dürfen. Doch es darf nicht zu einer beständigen eigenen Entwertung führen. Wichtig dass der Andere sich entlastet fühlt ohne sich Sorgen zu machen an Achtung zu verlieren. Es sollte auch ok sein dürfen nicht gleich die passenden Worte gefunden zu haben. Spätere korrigierende Antworten sind immer möglich. Es muss Ausgangsbasis für eine Entwicklung sein durch die der Andere auch wieder leichter auf Dritte zugehen kann, auch wenn man selbst nicht dazugehört. Gegenseitige Achtung muss aber wieder entstehen dürfen.

    Bitte respektiert dass ich nur diesem einen Menschen gegenüber auf Details eingehen möchte.
    Den Wunsch aufeinander zuzugehen um hier Thema zu sein haben aber sicherlich Viele.

    Findet Wege dass sich Menschen die sich Mühe geben und miteinander mitfühlen wieder die Hand reichen können. Vielleicht könnt Ihr hilfreiche Vorschläge dazu auch dort einbringen wo Ihr sonst noch unterwegs seid.
  • Hallo Nightworker,

    es ist mir klar, dass Dich eine spezielle Situation sehr arg beschäftigt, weil Du vermutest, jemanden so tief gekränkt zu haben, dass es nun keine "Brücke" zueinander mehr gibt.

    Ich glaube leider nicht, dass Dir hier jemand ganz konkret helfen kann, diese Situation zu meistern. Es ist eine Situation, die niemand anderer einsehen bzw. nachempfinden kann als die Personen, die daran beteiligt sind / waren.
    Es ist ganz klar zu akzeptieren, dass Du dazu nicht mehr schreiben kannst und möchtest, verstehe ich total.

    Ich glaube, wenn die Person, die Du verletzt zu haben meinst, nicht mehr darüber reden möchte oder überhaupt mit Dir in Kontakt treten möchte, bleibt Dir wohl nur der Weg, diese für Dich so schmerzhafte Wahrheit allein (oder eventuell mit Hilfe eines therapeutischen Weges?, einer Familienaufstellung?) aufzulösen.

    Möglich wäre aus meiner Sicht eventuell noch, einen Brief zu verfassen, mit dem Hinweis, die Situation so gerne aus der Welt schaffen zu wollen.

    Leider kann ich Dir hier keinen anderen Rat geben. Man kann nicht in andere hineinsehen ...

    Alles Gute,
    Seelenbilder
  • Hallo liebe Seelenbilder,

    Du hast recht. Ich werde wohl allmählich lernen müssen selbst anders damit umzugehen.

    Danke dass Du versucht hast ein paar tröstliche Worte zu finden !

    Nightworker
  • Lieber Nightworker,

    ich denke, die Situation im besten Fall anders zu lösen oder anders mit ihr umzugehen, ist der beste Ansatz, den Du dazu haben kannst.
    Du kannst nämlich niemanden zu etwas überzeugen, wenn derjenige einfach nicht möchte - doch Dir bleibt die Möglichkeit, selbst und für DICH eine Art Er_lösung zu finden. Vielleicht findet dann der Weg zu Deinem DU doch noch statt ... Wunder gibt es immer wieder, auch, wenn wir sie nicht erwarten dürfen - aber erhoffen.

    Liebe Grüße!
  • Ich kenne Menschen, die sich ganz arg dadurch gekränkt fühlen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie bzw. ihr (positives) Verhalten von anderen "kopiert" werden / wird.
    Das macht mich nachdenklich. Nämlich, warum sich diese Menschen daran so reiben können?
    Ich denke mir einerseits immer, das Original ist ja ohnehin von der Kopie zu unterscheiden.
    Andererseits kommt mir auch in den Sinn, dass im Hintergrund ein (vielleicht unentdecktes?) Konkurrenzdenken schwelt.
  • Das kann ich im Moment gar nicht richtig nachvollziehen.
    Hättest du einmal ein Beispiel @seelenbilder?

    Denn sagt man nicht, Nachahmung ist die beste Form von Kompliment?
  • Ungefähr dieser Meinung bin ich auch und damit versuche ich dann in etwa so zu argumentieren, wie Du es schreibst, @enjoythesilence. Nachahmung ist definitiv ein Kompliment, wenn auch aus meiner Sicht nicht unbedingt das beste. Für mich ist's ein gelungenes Kompliment, wenn man etwas ausspricht und auch so meint.

    Ein Beispiel für's Nachahmen, das nicht gut ankommt: Jemand hat eine bestimmte Art, zu sprechen, sich zu bewegen. Das wird im Umfeld als charmant empfunden und von anderen imitiert, weil's eben ... gut ankommt.
    Das "Original" verbiegt sich daraufhin auf eine Art und Weise, dass es nicht mehr an sein früheres natürliches Wesen heranreicht. SCHAAADE! Und für mich als Beobachtende einfach erschreckend.

    Ärgerlich wird's natürlich, wenn jemand berufliche Ideen und Visionen hat, die dann von anderen aufgegriffen werden - und die dafür die Lorbeeren ernten oder sogar befördert werden.
    Ich kann diesen Ärger durchaus nachvollziehen. Beruflich kann's also sehr ärgerlich werden, vor allem auch, weil's ja zu richtigen Nachteilen kommen kann, wenn man zwar "die Ideen" hat, diese aber durch geringes Eigenmarketing nicht richtig platzieren kann.
  • Und wie geht es euch mit einer konkreten Kränkung? Was fühlt ihr da? Ist das, was wir als Kränkung empfinden, für andere Leute genauso unangenehm?

    Sind es nicht mitunter wenige Worte, vielleicht nur ein einziges Wort in einem Satzgefüge, oder einem Post, was so reinhaut, daß der Rest des Tages komplett erledigt ist?
    Mir geht das so. Und es ist mir nicht angenehm. Mitunter fühle ich vorher schon, was für unangenehme Erwiderungen auf mein Geschriebenes kommen werden. Und dennoch mag ich mitunter nicht schweigen zu einem Sachverhalt, auch wenn ich eine konträre Meinung vertrete. Und dennoch lese ich alle erwartet negativen Erwiderungen. Ich muß es einfach wissen und fühle mich hinterher ziemlich schlecht. Ich könnte es mir leichter machen, indem ich mich einfach nicht einmische. Aber auch damit hätte ich kein gutes Gefühl. Inzwischen habe ich meine Gefühlswelt meist nach einem Tag wieder beruhigt. Früher brauchte ich mehr Zeit dazu. Das ist wohl der Vorteil des Alters.
  • Hallo Versteher, interessante Rückmeldung, die Du hier gibst!
    Ich sehe hier Parallelen, denn ich beobachte immer deutlicher, dass mitunter immer weniger an Worten reicht, um mich platt zu fühlen. Das nimmt bei mir mit dem Alter eher zu.

    Die Frage, ob das, was "wir" als Kränkung empfinden, für andere Leute genauso unangenehm sei, kann ich Dir nicht beantworten.
    Ich kann nur einschätzen, was "ich" als Kränkung empfinde. Und stelle vermehrt fest, dass das, was mich kränkt, auch andere kränkt, diese würden gewisse Kränkungen allerdings nicht immer zugeben und spielen diese verbal runter. Aber innerlich brodelt es weiter.
    Über Kränkungen scheint man gemeinhin nicht besonders offen zu sprechen - möglicherweise auch aus Scham, und man macht sich definitiv auch "verletzlich". Der Gegner weiß dann, wo er zuschlagen kann.

    Die Ausgangsbasis für diesen Thread war, mich auf die Serie im TV zu beziehen. Dort hatten angehäufte Kränkungen tragische Auswirkungen. Und so erlebe ich manches auch im realen Leben: Da werden Menschen jahrelang gekränkt, haben allerdings keine Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen. Und wenn sie sich Gehör verschaffen, werden sie vielleicht auch noch weiter gekränkt. Und das kann definitiv gefährlich werden - für den Gekränkten selbst, aber auch für seine Umwelt.

    Ich möchte mich, wo ich wählen kann, nicht mehr mit Leuten umgeben, denen einfach ein gewisses Feingefühl oder das Gefühl für den richtigen Moment fehlt. In manchen Bereichen kann man sich die Umgebung allerdings nicht aussuchen.
    Ich schätze das offene, ehrliche Wort eines wertschätzenden Menschen überaus.
    Wobei mir selbst gelegentlich immer noch Formulierungen passieren, über die ich mich im Nachhinein ärgere, weil sie unnötige Missverständnisse zwischen Menschen nach sich ziehen und vielleicht sogar Kränkungen, die von mir überhaupt nicht beabsichtigt waren, beim anderen bewirken.

    Ich schaffe es inzwischen öfter, meine Meinung eher für mich zu behalten. Es gibt Ereignisse oder Auseinandersetzungen, da klappt es nicht, aber ich muss längst nicht mehr so viel kommentieren wie in jüngeren Jahren. Vielleicht in meinem Fall inzwischen weniger Impulsivität, aber auch ein Abschätzen, ob ich mich dem Gegenwind, den ich früher doch sehr stark auch gesucht habe, stellen möchte. Definitiv ist dies heute nicht mehr bei jedem Thema der Fall ...
  • Sich zurückzuziehen ist nicht die schlechteste Strategie! Auch bei mir haut ein falsches Wort immer noch schwer rein, die negative Gefühlslage danach hält jedoch nicht mehr ganz so lange an wie früher.
    Vielleicht bin ich inzwischen auch etwas konsequenter und beende für mich ungünstige Kontakte schneller. Da kommt mir gerade in den Sinn, ob nicht gerade das ein Indiz für eine gesteigerte Dünnhäutigkeit sein könnte? Darüber muß ich nachdenken.
  • Hallo Versteher,
    Kontakte zu beenden, die einem nicht mehr guttun, ist ein gutes Recht und zumindest in meinem Leben ergibt sich diese Haltung inzwischen mit mehr Konsequenz - eine lange Reise bishin zu dieser Bereitschaft. Solche Ent_scheidungen kündigen sich durchaus meist über eine längere Zeit an, wenn ich beispielsweise erkenne, dass sich ein gemeinsames Weitergehen einfach als sehr schwieriges und auch aufreibendes Unternehmen erweist. In gewisser Weise muss man sich auf seine Weggefährten beim "Wandern" oder "Bergsteigen" auch verlassen können, so zumindest ist meine Erfahrung.
    Ich orientiere mich bis in die Gegenwart immer sehr an den Bedürfnissen meiner Mitmenschen, erkenne aber auch, dass meine eigenen dadurch wenig Beachtung finden bzw. gefunden haben.

    Definitiv kann es durchaus sein, dass man mit zunehmenden Lebensjahren feinsinniger wird - oder wie Du es auch nennst, nämlich "dünnhäutiger" (was ich jedenfalls positiv sehen möchte) -,
    bei mir schwindet allerdings auch mehr und mehr die Lust auf Menschen, bei denen immer wieder das Gefühl auftaucht, alles ohnehin schon sehr vorsichtig Gedachte oder Gesagte zuvor noch weitere unzählige Male prüfen, drehen und wenden zu müssen, bis es meinen Mund verlassen darf und für diese Personen verdaubar wird. Ich bin ohnehin sehr vorsichtig mit Worten - und erlebe doch auch, dass es Menschen gibt, die in Bezug auf sich selbst hochempfindlich sind, selbst aber kräftig und auch sehr unfair austeilen. Ich schätze also immer mehr unkomplizierte und klare, einfach wertschätzende Menschen.
    Mir ist es lieber, jemand erklärt sich offen und ehrlich, als dass ich Zeuge irgendwelcher Spielchen bin, die vielfach nicht zu durchschauen sind. Kommunikation ist das Mittel, auf das ich vermehrt setze, allerdings eine Art von Kommunikation, die ohne Waffen stattfindet und auf erwachsene Art.
  • Es gibt sehr viele Menschen, die „austeilen“, aber nicht einstecken können. Auf diesem Gebiet sind dann alle ach so sensibel.

    Da ich mein Lebtag damit beschäftigt war, immer zu schauen, andere Leute nicht zu verletzen/kränken, kann ich heute sagen, dass das einfach nur anstrengend ist. Und ich mag auch nicht mehr. Auf mich hat auch nie einer Rücksicht genommen.

    Aber natürlich bleibe ich ja ich und werde mich wohl nicht mehr ändern. Und werde weiterhin versuchen, anderen Menschen das Leben nicht schwer zu machen. Trotzdem muss ich endlich lernen, anderen nicht immer alles recht machen zu wollen (auch mit Worten).
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