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Ich habe jetzt durch einige Themen hier gestöbert und finde immer wieder ein wiederkehrendes Phänomen, über das ich auch lange gestolpert bin (und an dunkleren Tagen auch immer noch stolpere):
Wir leben in einem verzerrten Weltbild.
Uns wird immer und überall vorgelebt, dass man echtes Glück und Freiheit nur dann findet, wenn man immer locker, lustig, unterhaltsam ist ... extrovertiert. Die Werbung zeigt Gruppen von lachenden und wild herum tanzenden Menschen, Filme zeigen die angesagten Menschen immer als diejenigen, die sich am liebsten unter vielen Menschen umgeben im Zentrum befinden. Einzelgänger sind meist eher düster oder als Ausgestoßene, vielleicht kranke gezeigt.
Da muß man sich nicht wundern, warum viele introvertierte glauben einen Fehler zu haben oder krank zu sein.
In meinen Augen ist der Grund für dieses Weltbild aber ein völlig anderer:
Extrovertierte Menschen sind nun mal nach außen gekehrt. Sie teilen ihre Meinung oft und viel. Sind dadurch einfach sehr präsent.
Introvertierte sind in der Regel das genaue Gegenteil. Sie behalten (zumindest Fremden gegenüber) ihre Meinung eher für sich, diskutieren nicht gleich mit jedem über ihre perfekte Version des Lebens. Beobachten lieber von außen als sich zu mischen, in Situationen zu begeben wo man sich anderen fremdem oder ungewohnten/unkontrollierbaren Erlebnissen und Meinungen aussetzen müsste.
Wie seht ihr das?
Kommentare
Da du die Filme ansprichst ... da hängt es sicherlich von der Auswahl ab. Amerikanische Action-Filme erinnern sicher eher an Extrovertierte als ein ZDF-Krimi, in dem es immer wieder ewig lange Szenen gibt, in denen nur einzelne Beteiligte zu sehen sind, wie sie still ihren Gedanken nachgehen, in denen Dialoge wie eine Folge von Monologen scheinen. Erinnert dich das eher an deine eigenen Erfahrungen? Mal ganz abgesehen davon, wer sich Filme in diesem Stil lieber anschaut...
Und meiner Meinung nach sind die lautesten Meinungen bei Weitem nicht immer die besten. Egal ob von Extros oder Chefs geäußert.
Nur in dem Geschreie gehen eben leisere Meinungen unter. Oder wie in meinem Fall gibt es vielleicht leisere Personen, die die lauten UND die leisen Meinungen sehen, verstehen und nachvollziehen können. Für diese Personen gibt es nicht nur DIE EINE Wahrheit aus dem eigenen Blickwinkel. Es gibt dutzende, hunderte Wahrheiten und sie alle haben ihre Daseinsberechtigung. Das schwächt den eigenen Standpunkt und die eigenene Meinung immens. Während "Schreier", oft vielleicht nicht wirklich empatisch, nicht in der Lage sind, andere als die eigenen Wahrheiten zu erkennen und dadurch anzuerkennen.
Ergo: sehr starke Meinung der eigenen Wahrheit gegenüber, gepaart mit Herausschreien dieser Wahrheit, gepaart mit einem leisen Menschen, der zuhört und die andere Wahrheit als für andere Personen valide anerkennt... Die Schreier fühlen sich verstanden und bestätigt, schreien lauter. Die Leisen fühlen sich missverstanden, werden leiser.
Teufelskreis.
Ich frag mich manchmal, wie das Leben in Japan wäre, wo - so glaube ich - in der Gesellschaft der Intro das Idealbild ist.
Unglücklicher Weise haben wir als eher zurückhaltender Teil der Gesellschaft das Los gezogen, dass wir uns auch zur Kommunikation teils zwingen müssen, wenn wir irgendwie in Richtung Gesellschaft weiterkommen wollen.
Hab ich normaler Weise weniger Schwierigkeiten mit und weiß, mich einzuschätzen, doch aktuell fällts auch wieder schwerer.
Gerade Menschen, die mich weniger gut kennen/verstehen, denken dann immer, ich hätte was gegen sie und möge nicht mit ihnen sprechen, dabei hab ich selbst paradoxer Weise auch die Ansicht, sie finden mich für mein Wesen bereits eigenartig.
Das Weltbild des perfekten Soziallebens fügt sich damit irgendwo also auch von selbst, weil alle in ihrer Ansicht verklemmen und schon gar nicht richtig kommunizieren können.
Ein Teufelskreis, aus welchem man nicht zwangsläufig raus kommt.
Mein Weltbild ist mein Weltbild, natürlich haben Umwelteinflüsse aktiven Anteil darauf, wie es sich bildet, aber ich bin derjenige der es gestaltet.
Ich möchte doch so leben wie ich es für richtig halte und da können mir Medien oder andere Menschen doch nicht vorschreiben bzw. Vorleben wie ich mein Leben zu genießen habe.
Und zu dem anderen Punkt den ihr hier mit Kollegen beschreibt.
Vorab ich bin auch nicht der Typ der auf die große Pointe aus ist. Ich erledige auch dinge ohne es an irgendeine Glocke zu hängen, aber wenn ich möchte das ich für diese dinge Anerkennung bekomme, dann muss ich diese auch kommunizieren. Ansonsten entfällt der Anspruch auf ein Danke. Es kann ja keiner riechen von wem die Arbeit erledigt wurde.
Und wenn ein extrovertierter Kollege diese Wertschätzung benötigt, dann ist das doch auch ok.
Jeder darf seine Kraft aus den Dingen beziehen die er braucht, wenn es nicht auf Kosten von anderen geht.
> Daran hab ich tatsächlich noch nie gedacht. Ich war sogar mal da drüben, aber das ist schon länger her. Damals hab ich noch eher weniger auf andere geachtet und mehr auf Mängel an mir. Aber das klingt super interessant...
@EinNerd Gerade Menschen, die mich weniger gut kennen/verstehen, denken dann immer, ich hätte was gegen sie und möge nicht mit ihnen sprechen, dabei hab ich selbst paradoxer Weise auch die Ansicht, sie finden mich für mein Wesen bereits eigenartig.
> Mir erzählen immer wieder mal Kollegen die mich kennen, ein anderer Kollege denkt ich mag ihr nicht oder wäre ihm böse. Das tut mir dann wirklich leid, nur hat man dann gerade als Introvert nicht immer die Möglichkeit das sofort aus der Welt zu schaffen. Manchmal klappts, und dann können daraus sogar die besten Freundschaften werden.
@Maskenträgerin Kollege A und man selber reißt sich auf Arbeit ein Bein aus, schiebt Überstunden etc. Kollege A sorgt aber dafür, dass das auch alle wissen, dass er sich so reingehängt hat und erntet dafür Anerkennung noch und nöcher, und man selber kriegt nicht mal ein Danke
> Ja, das kotzt mich in der Arbeit sowas von an. Ja, mir ist durchaus bewusst, dass man dem Boss ja auch zeigen muss, was man geleistet hat. Das mag mein Fehler sein. Aber dass umgekehrt der Vollpfosten ständig Ruhm und Beförderung kriegt, der alleine nicht mal einen Stift gerade halten kann, aber sich jeden Montag brav nach dem Wochenende des Bosses erkundigt, das bringt mich zur Weißglut.
@Sternenschauer Mein Weltbild ist mein Weltbild, natürlich haben Umwelteinflüsse aktiven Anteil darauf, wie es sich bildet, aber ich bin derjenige der es gestaltet.
> Ja, absolut richtig. Ich wollte damit auch nicht unbedingt sagen, dass ich das Weltbild der lauten zu akzeptieren habe und ich nicht weiß das mein Weltbild ein anderes und ebenso richtiges ist. Ich wollte damit eher zum Ausdruck bringen, dass es unter diesen Umständen einfach sehr gefährlich und leicht ist, dem glauben zu schenken und sich als Fehler zu sehen. Diese Worte scheinen Kommentare von anderen hier leider immer wieder zu bestätigen.
Und genau deshalb finde ich diesen Blog und das Forum so toll. Es zeigt, dass man eben NICHT alleine oder ein Ausnahmefall ist. Man ist nur anders und damit nicht mal selten, eben nur leise.
Intro und Extro kann nur miteinander funktionieren, benötigen sich gegenseitig - wie Tag und Nacht sowie die Dämmerung dazwischen.
Meine kurzen Gedanken dazu, zu mehr hab ich grad keine Zeit.
Und zu gern hätte ich eine Lösung oder zumindest ein paar Tipps, wie es in Zukunft frustfreier laufen könnte.
Für das private Leben denke ich, geht es eher darum zu begreifen was man eigentlich selbst will und dass dann auch sucht. Da ist es mir nicht (mehr) so wichtig, mit den lauten auf ausschweifenden Party rum zuhängen um akzeptiert zu werden und einem Verständnis von Spaß zu entsprechen, das einfach nicht meins ist. Man muß nichts machen was allgemein als "toll" wirkt. Man muss nur machen, was man selbst toll findet.
Für mich war die (erschreckend schwere) Aufgabe eher, das zu begreifen und zu akzeptieren. Ich muss in meine Welt passen, nicht in deine.
Und es gibt immer auf jeder Party oder in jedem Freundeskreis diejenigen, die am Rand stehen und lieber mit wenigen ausgewählten tiefgründige Gespräche führen als mit der Meute in der Karaoke Bar zu tanzen. ;)
https://jensboettcher.bandcamp.com/track/haben-oder-sein-singleversion
"... Es ist leider wirklich so, dass die, die die Klappe aufreißen, selbst wenn da nur wenig Brauchbares rauskommt, oft weiter kommen als diejenigen, ... "
Kommt meist auch sehr gut an bei den Mitmenschen, "Boah, die/der traut sich was, toll, dass mal jemand das Maul aufreisst."
Dabei ist es weitgehend egal, WAS gesagt wird. :-D
Hauptsache irgendwas rausgehauen. Der westliche Mensch - ein anspruchsloses Geschoepf. ;-)
https://www.businessinsider.de/karriere/arbeitsleben/psychologe-erklaert-warum-viele-inkompetente-maenner-in-fuehrungspositionen-landen-r/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Wir sind mit unserer Einschätzung auf jeden Fall nicht alleine, sondern es stimmt auffällig, dass die mit der lautesten Klappe gleichzeitig oft die Inkompetentesten und dennoch best Bezahltesten sind.
Verrückte Welt!
Wir sind umgeben von BlenderInnen und scheinbaren MacherInnen. Sie scheinen erfolgreich zu sein. Doch ist dieser (scheinbare) Erfolg erstrebenswert?
Gleich eingangs zu diesem spannenden Thread drei Sätze, die ich zitieren möchte:
"Extrovertierte Menschen sind nun mal nach außen gekehrt. Sie teilen ihre Meinung oft und viel. Sind dadurch einfach sehr präsent."
Ich möchte mich nicht unbedingt auf Extraversion beziehen, sondern auf Menschen.
Ja, viele Menschen sind nach außen gekehrt. Ja, viele teilen ihre Meinung vorverurteilend, zu oft und zu laut. Und vor allem aufdringlich, wenig einfühlsam, auf sich selbst bezogen, selbstherrlich.
Ich erlebe gerade sehr Lautstärke auch als leicht abgelenkt: Von sich selbst, von anderen noch viel mehr, von äußeren Bedürfnissen, von Begierden, von Sehn.süchten und oberflächlichen, zusammenhanglosen Betrachtungen. Überall von Blasen umgeben. Präsent sind diese Menschen genau deshalb in meinem Erleben nicht. Sie wirken allerdings oft auf ihre Umwelt so, weil sie so häufig zu hören und zu sehen sind ... das ist für mich aber keine wahrhaftige Präsenz. Es ist reines Blendwerk.
Präsent sein bedeutet für mich alles andere, nämlich die Fähigkeit, ganz im Hier und Jetzt zu sein, wahr_haftig einsehen zu können, ohne Feuerwerk, einfach pures Sein. Eintauchen können. Spüren. Leben, ErLeben, ÜbErLeben. Sich den Auf*gaben* des Lebens stellend ...
Von Liebe geleitet sein - anstatt von Angst getrieben, diese Haltung entdecke ich auch an wahrhaft präsenten Menschen. Erkennen können, was die Welt braucht.
Das manch einer einfach nur selbstbewusst und offen ist, finde ich gar nicht mal so verkehrt. Ich kannte mal eine Frau, die war so richtig Selbstbewusst und offen und sie wirkte auch nicht künstlich, aber bei manchen wirkt es immer so unecht, Jedenfalls die ich kenne.
Wir sollten deswegen kein schlechtes Gewissen haben, nur weil wir so sind, wie wir sind. Ich weiß noch, als ich früher ein Date mit jemanden hatte, der zu mir meinte, das ich zu ruhig wäre, und er kurzerhand seine Freunde mit ins Autokino einlud. Es wäre ja sicher langweilig geworden mit mir. Aber so ein Mensch, der nach den ersten paar Minuten schon so ablehnend ist, obwohl er mich gar nicht genug kannte, ist es nicht wert. Ich hätte ja auch sagen können "du bist mir zu extrovertiert". :D
Was das Weltbild angeht sind wir Introvertierten nunmal nicht die Mehrheit und deshalb gelten auch nicht unsere Regeln. Das nervt, lässt sich aber nicht ändern. Was man aber definitiv nicht muss, ist sich die Lorbeeren wegnehmen lassen. Dagegen muss man sich wehren und dem Dieb direkt in's Gesicht sagen, dass das eine Sauerei ist.
Jeder versucht doch andere Menschen, die ihm angenehm sind um sich zu scharen. Die Extrovertierten finden sich zusammen und die Introvertierten auch. Es ist doch ganz angenehm unter Kollegen, zumindest wenn sie alle introvertiert sind ;).
Früher habe ich auch ausschließlich bei Themen gesprochen, die mir interessierten. Alles andere war einfach so fürchterlich saicht. Smalltalk war die reinste Folter, aber da geht's im Grunde nur darum einen Kontakt zu haben und ein paar Emotionen auszutauschen. Normal bin ich da nie drauf eingestiegen, weil ich das nicht beherrscht habe. Irgendwann habe den Leuten dann aus Spass irgendeinen belanglosen Quark erzählt und dazugesagt, wie es mir dabei ging und die Leute waren happy. Mehr muss es echt nicht sein. Nach einer Weile geht das ganz gut von der Hand und ist auch recht nützlich, z.B. weil man da einfach in dosierten Maßen sein emotionalen Ballast etwas verteilen kann. Man kennt es ja, wenn ein Kollege kommt, sich über das Wochenende ausheult und dann zu den anderen Extros geht und die ganze Truppe gut drauf ist.
Ich empfehle diese Möglichkeit zu nutzen, das Recht hat jeder dazu.
Heute empfinde ich den Smalltalk als angenehm, weil man darüber den Leuten näher kommt. Man tauscht sich son bißchen aus. Und man kann auch mal gemeinsam jammern. Und das tut soooooooo gut.
Ich sehe es mittlerweile auch so, Smalltalk ist keine schlechte Sache. Wie oft bin ich aus so einem Gespräch mit einem guten Gefühl gegangen. Ich verschließe mich demgegenüber auch nicht mehr.